The Space Between – on the mat – off the mat

The space between… der Moment dazwischen… der Raum dazwischen… die Zeit dazwischen.
Der Moment, wo wir ein Asana beenden und in ein Vinyasa übergehen.
Das Vinyasa.
Der Augenblick, wo wir von einem Asana zum nächsten Wechseln.
Der Moment, wo wir überlegen, welches Asana als nächstes kommt.
Der Augenblick, wo wir vom Einatmen zum Ausatmen wechseln.
Der Moment, wo das Ausatmen zum Einatmen wird.
Der Augenblick, wo aus etwas Aktivem etwas Passives wird.
Der Moment, wo wir „unser Yoga“ von der Matte in die Welt hinaus tragen.
Dann, wenn wir ins Büro kommen und von Kollegen genervt sind.
Wenn Freunde oder Familie uns anstrengen.
Wenn wir Menschen in Alltagssituationen begegnen und „sie nicht in unseren Fluss passen“.

The space between… der Moment dazwischen… der Raum dazwischen… die Zeit dazwischen.

DER vielleicht wichtigste Moment unserer Yogapraxis?

Vielfach kommen wir auf die Yogamatte mit Zielen und Erwartungen. Oftmals haben wir ein Idealbild im Kopf, wie ein Asana auszusehen hat und wie wir es entsprechend ideal „wiedergeben“. Wir wissen ganz genau, wie die Asanapraxis aussehen soll.  Oder wir sind der Meinung, dass wir uns nach der Yogapraxis GUT FÜHLEN MÜSSEN. Wie etwas auszusehen oder zu sein hat, ist häufig eine innere Erwartungshaltung, die wir alle aus dem Alltag noch mehr als von der Yogamatte kennen und durch die wir uns vielfach unbewusst selbst stark unter Druck setzen.

Zwischen den Asanas überlegen wir, was als nächstes kommt und wie das eben dagewesene wohl war. Zwischen Yogaeinheiten vergleichen wir die letzte Praxis mit der Hoffnung auf einen „Erfolg“ der nächsten Session. Wir füllen den „Raum dazwischen“ mit vergleichenden und wertenden Gedanken – ohne noch im echten Moment zu sein. In den meisten Fällen werden wir dabei achtlos – denn wir bewegen uns entweder in der Vergangenheit oder antizipieren bereits die Zukunft.
Eines der wichtigsten Ziele unserer Yogapraxis ist es aber, „the space between“ nicht mit Vergangenheit oder Zukunft zu füllen, sondern genau so wahr- und anzunehmen, wie sie ist! Als den aktuellen Moment. Ohne „ja“ oder „nein“. Ohne „gut“ oder „schlecht“. Einfach sein.

Wenn wir beginnen, diese Idee einmal näher zu beleuchten, so ist vielleicht der einfachste Ansatzpunkt im Yogakontext das Vinyasa als „the space between“ – der Übergang zwischen zwei Asanas. Vielfach nehmen wir es gar nicht als Teil des Ganzen wahr – sondern im Extremfall als „das lästige Übel“ und huddeln durch. Vor allem, wenn wir schon eine Weile praktizieren, vielleicht müde werden, vielleicht weiter wollen, vielleicht der Tendenz des Kopfes nachgeben wollen und die Gedanken schweifen lassen. Wir neigen dazu, die Vinyasas als unwichtigeres Beiwerk abzutun. Oftmals praktizieren wir sie gar nicht alle oder modifizieren. Wir sehen sie als nicht so wichtig an. Warum ist das aber so? Meiner Meinung nach sind die Vinyasas extrem wichtige Elemente des Ashtanga Yogas. Sie machen den einzigartigen Fluss der Praxis aus. Sie „norden“ den Atemrhythmus jedes mal aufs Neue ein. Sie halten den „Beat am laufen“.
Und sie bieten häufig das grösste Potential für Verletzungen. Denn wir nehmen sie als „the space between“ wahr und nicht als das, was sie sind: Als tragender Bestandteil des Ganzen. In manchen Fällen vielleicht sogar wichtiger als ein einzelnes Asana.
Sicherlich liegt die Gefahr des „Gedanken schweifen lassens“ ua begründet darin, dass wir die Vinyasas ständig wiederholen. Es verleitet dazu, den Kopf laufen zu lassen. Und dennoch müssen wir immer wieder zur Wurzel der Idee zurück kehren: Wir sollen und wollen im Hier und Jetzt sein. Denn es gibt tatsächlich ja keinen anderen Moment, der so wichtig ist, wir der gerade!

Spannen wir den Bogen auf der Matte ein wenig weiter. „The space between“ wenn wir im Asana sind und es halten. Was passiert hier? Wir atmen. Der Körper ist aus der aktiven Bewegung in das passive Halten übergegangen. Was tun wir? Wir atmen. Wir halten. Und wir beginnen, die Gedanken wandern zu lassen. Aber wohin? Womit füllen wir „the space between“? Mit der Einkaufsliste des nächsten Tages? Mit dem Gespräch mit dem Chef, das uns nicht gefallen hat? Mit dem Kinofilm von gestern abend, der uns herzlich zum lachen brachte? Womit auch immer.. .wir schweifen ab aus dem aktuellen Moment. Der Fokus verschiebt sich. Die Bandhas werden schwammig. Der Atem vielleicht nicht mehr ganz so flüssig und tief… wir verlassen die Matte ohne uns zu bewegen und machen erneut Platz für Verletzungen. Weil wir nicht mehr hier sind – im Moment. Weil wir nicht mehr 100%-ig wahr nehmen, was wir tun. Weil wir vielleicht unterschätzen, was je nach Asana gerade in unserem Rücken, Bauch, in den Muskeln und Bändern etc passiert?
Je komplexer die Asanas, desto weniger können wir es uns erlauben, „the space between“ mit etwas anderem als dem aktuellen Moment zu füllen. Das Potential an sich, dass etwas schief läuft ist aber auch in den einfachsten Bewegungen gegeben. Wer von uns hats noch nicht erlebt: Kopf schnell gedreht und Nacken steif….

Projizieren wir die Idee von „the space between“ in den Alltag. Verlassen wir also die Matte und versuchen unser Yoga ins Leben zu tragen. „The space between two practices“ als die Plattform des eigentlich Wichtigen. Womit füllen wir es? Mit Arbeit, Familie, Hobbies, Vergnügen, Pflichten usw. Wie oft sind wir aber wirklich „bei der Sache“? Wie oft sind wir im Alltag wirklich achtsam? Rücksichtsvoll? Im Moment. So wie auf der Matte mE mit das grösste Verletzungspotential in „the space between“ wie zB den Vinyasas oder den scheinbar passiven Momenten liegt, so bietet die Zeit zwischen den Yogaeinheiten das grösste Potential Yoga wirklich zu leben – und dennoch passieren auch hier die meisten „Verletzungen“ – wenn wir unser Yoga nicht wahr nehmen sondern einfach nur vor uns hin hetzend leben.

Dieser Gedanke hat sicherlich tiefes Potential für weit anspruchsvollere Überlegungen und individuelle Reflexionen, als die Plattform eines schnöden Onlinebeitrags tragen kann. Aber genau darum geht es am Ende vom Tag… füllt „the space between“ auch mal zwischen der Asanapraxis mit Yoga und nehmt „the space between“ auf der Matte mal als wichtiger wahr, als die Asanas an sich. Erforscht das Potential, das direkt vor euch liegt – die Frage ist immer nur, ob man es als solches wahr nimmt?

Nehmt auf der Matte diese Zwischenmomente höchst bewusst wahr mit dem Wissen, dass hier oftmals die grössten Gefahren aber auch das größte Potential lauern.
Haltet hin und wieder fernab der Matte inne und überlegt euch für einen Moment, wie ihr DEN Moment denn tatsächlich wahr nehmt.

Wie immer gilt: Ich schreibe gerne und viel – dennoch erhebe ich mit diesen niedergeschriebenen Gedanken keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit!

Hinweis

Es handelt sich hier um subjektive Gedanken und Eindrücke der Autorin, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und/oder Richtigkeit erheben. Wir leben in einer subjektiv, individuellen Welt – die absolute Wahrheit gibt es sowieso nicht.