“Our shared western mentality along with my upbringing and competitive tendencies has created a propensity towards goal orientation in asana.  There is no room for this in Ashtanga Yoga.  I used to assume that daily practice, consistency, discipline, and a right diet would work like an algebraic formula that would cause a linear progression in asana.  This is not the case.  Even while following that “formula” I still got so-called “set backs” in asana practice, for example, a knee injury.

After the initial phase of denial and resistance, I realized that pushing through the injury was not going to help it heal; It was difficult, but I came to understand that it was best to take the injury as an opportunity to learn, grow, and practice yoga.  I did my research.  I went to a physical therapist; I did a few therapeutic stretches that a friend in Mysore recommended.  I’d take turmeric and massage the knee joint with mahavishgarbha oil.  Sometimes I’d even put masking tape on it to bring stability to the joint.  Many, many, many things I tried.  Ultimately, I think time, patience, and surrender helped the most.

The practice heals, and it works in layers.  Those layers are not linear and don’t necessarily have to be sequential.  Sometimes, the “ultimate” form of the asana may be available to us because of long limbs or hyperflexibility in a certain area of the body.  However, if we haven’t learned the proper foundation to build the pose, the healthy and sustainable mechanics to enter it, and the right balance of strength and flexibility to breathe freely in the pose, then the practice itself will eventually teach it to us through sensation, discomfort, pain, breath, intuition, or perceived “regression”.

Binds may come and go through the years.  Postures as fundamental as Padangustasana and Trikonasana continue to surprise me after eight years of practice.  Today the practice feels completely different to me than it did yesterday, or six years ago, or when I was going through my knee injury.  There is always a newer layer of opening and growth.  And this newness or deeper layer does not necessarily mean a new pose or a “progression”, meaning, the layers are not linear.

It is a hard lesson to let go of linear thinking and ideas of progression and regression, which is why eight years later I’m still getting on the mat every day, so that I can keep discovering deeper layers of that same lesson, and so that I can keep learning to let go.”

-Juan Carlos Galan

 

Diesen Text habe ich 1:1 von Juan Carlos übernommen, dem damaligen Ehemann von Greg Nardi. Sie haben ihn in einem Newsletter von Ashtanga Yoga Worldwide im Sommer 2016 veröffentlicht. Witzigerweise greift Juan Carlos ein Thema auf, was mich schon seit Jahren immer wieder beschäftigt. Früher war es mehr aus Sicht „der ehrgeizig Suchenden“ mit dem Blick der westlichen Logik. Heute sehe ich es viel in Schülern – wenngleich ich mich selbst auch noch oft daran erinnern muss, dass es nicht immer gemäß unserer Logik läuft: „Wenn ich nur genug von A mache, dann folgt B zwingend und ganz schnell.“

Ich stimme Juan Carlos voll zu, wenn er sagt, dass wir vielfach Schleifen drehen müssen beim Lernen und Leben des Ashtanga Yoga – so wie mit anderen Dingen im Leben auch. Vielfach ist das Bestreben, etwas um jeden Preis zu wollen einfach zuviel und stellt dann unser größtes Hindernis auf dem Weg zum Ziel dar. Vielfach bedeutet der ehrgeizige „aber wenn ich DAS tue, dann wird DIES folgen“-Ansatz den sicheren Weg in eine Verletzung. Eine solche sehen wir immer zunächst als etwas Negatives. Wenn wir aber versuchen, in der Verletzung eher eine Chance zu sehen, mehr und besser auf unseren Körper zu hören und dadurch vielleicht Dinge über ihn und uns zu lernen, die uns sonst verschlossen geblieben wären, dann mache wir einerseits aus der Negativerfahrung etwas Positives und andereseits finden wir uns auch in unserer westlichen Logik wieder: Aktion bringt Reaktion. Und diese wiederum eine weitere Aktion und Reaktion. Wir nehmen es vielleicht als Umwege wahr – am Ende bleibt die Frage aber wieder, wieso wir meinen, dass eine Philosophie aus einer anderen Kultur sich so einfach in die vermeindlich richtige Logik unserer Kultur einpassen soll J

Mit einem banalen Beispiel aus meinem ganz eigenen Nähkästchen möchte ich Juan Carlos‘ Gedanken noch einen kleinen Zusatz beifügen: die Idee des Loslassens.
Mein Beispiel ist Bakasana – eine der wohl einfachsten Arm Balancen im Yoga. Lange Zeit habe ich damit experimentiert. Ich habe es einfach versucht. Ich habe darüber gelesen. Ich habe verschiedene Ansätze betrachtet. Ich habe es einfach nicht hinbekommen. „Mein Po ist zu schwer“, „meine Arme sind zu kurz“, „das kann nicht so einfach funktionieren, da gehört ein Trick dazu“… das waren meine Gedanken. Eines Tages haben sich zwei Dinge in meiner Herangehensweise geändert.
1. habe ich einen Text zum Asana gelesen, der das erste Mal meinen Fokus auf den Bauch und nicht die Armkraft legte. Schien mir damals erstmal völlig unlogisch.
2. habe ich einfach „aufgegeben“ und gedacht – ich packs eh nie, also lach ich drüber und gut ist.

Am nächsten Tag hat es geklappt.

Der Prozess war nicht linear. Es hat nicht geklappt, weil ich die Hürde a und b und c bewältigt habe und dann logischerweise d folgen musste. Ich habe viele andere Dinge auf dem Weg gelernt, genutzt und irgendwann alles zusammen mit dem „loslassen“ komibiniert. Weniger bewusst – sondern mehr, weil die Zeit eben einfach reif war.

Meiner Erfahrung nach macht diese Erfahrung jeder irgendwann auf seiner Matte. Manchmal sind es augenfälligere Momente – manchmal die ganz kleinen unterschwelligen Aspekte. Manchmal kommen viele dieser Momente schnell und kurz aufeinander – manchmal dauert es lange Zeit, bis „etwas passiert“.

Quintessenz könnte wohl sein: weniger ist oftmals mehr und vieles muss man einfach geschehen lassen. Erst dann kann es auch passieren.

Hinweis


Es handelt sich hier um subjektive Gedanken und Eindrücke der Autorin, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und/oder Richtigkeit erheben. Wir leben in einer subjektiv, individuellen Welt – die absolute Wahrheit gibt es sowieso nicht.